Tierversicherung

Die Lebendtierversicherung gilt trotz Verkauf weiter

Was viele Tierfreunde noch nicht wissen: Die Lebendtierversicherung für Tiere geht mit deren Verkauf automatisch auf den Käufer über. Das regelt das neue Versicherungsvertragsgesetz in § 95 und schließt damit eine Lücke im Versicherungsschutz: Verunglückt nämlich beispielsweise ein Pferd im Anhänger auf dem Weg zu seinem neuen Eigentümer, kommt die Versicherung für den Wert des Pferdes auf. Früher blieb der Käufer auf dem Verlust sitzen, denn der Versicherungsschutz war mit dem Verkauf des Pferdes erloschen und meist hatte der Käufer das Tier noch nicht selbst versichert. Aber Achtung: Nach dem Verkauf dürfen nur noch der Käufer des Pferdes oder der Versicherer den Vertrag kündigen, der Verkäufer ist insoweit nicht mehr Vertragspartei. Trotzdem haften Verkäufer und Käufer gesamtschuldnerisch für die Beitragszahlung des laufenden Versicherungsjahres. Das bedeutet, dass der Versicherer ausstehende Beiträge auch beim Verkäufer einfordern könnte. Daher ist dem Verkäufer eines versicherten Pferdes zu raten, den Käufer über eine bestehende Versicherung zu informieren, im Kaufvertrag die Bezahlung des Beitrages der laufenden Versicherungsperiode zu regeln, und den Verkauf, Name und Adresse des Käufers zeitnah dem Versicherer mitzuteilen. 

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Fragen zu diesem Beitrag beantwortet der Verfasser nur im Rahmen eines Mandates oder in sonst berufsrechtlich zulässiger Weise. 

Frank Richter

Rechtsanwalt

Kastanienweg 75a

69221 Dossenheim

Telefonnummer 06221/727-4619

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Beweislastumkehr

Der vorliegende Artikel versucht möglichst umfangreich die Beweislastregel des § 476 BGB zu erläutern. 

Der geneigte Leser sei gewarnt: die Lektüre dieses Artikel kann und will kompetenten Rechtsrat im Einzelfall nicht ersetzen, sie soll lediglich einen Überblick über die Problematik geben und so zum rechtzeitigen Gang zum Anwalt ermuntern.

 

§ 476 BGB – Die Beweislastumkehr zu Gunsten des Tierkäufers

Vorbemerkung.

Die Beweislastumkehr gilt nur im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes. Voraussetzung für dessen Vorliegen ist eine bestimmte Parteienkonstellation: Ein Unternehmer verkauft eine Sache an einen Verbraucher. In diesem Fall sieht das Gesetz den Unternehmer durch seine Erfahrung und Marktmacht im Vorteil und schränkt daher die Vertragsfreiheit zum Schutz des Käufers ein.

Ein Unternehmer ist, wer bei Abschluss des Rechtsgeschäftes in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Als Unternehmer gilt jede Person oder Gesellschaft, die am Markt planmäßig und dauerhaft gegen Entgelt Leistungen (hier also zu verkaufende Hunde) anbietet. Auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an. Unter diesen Begriff des Unternehmers fallen vor allem Tierhändler, Züchter als Gewerbetreibende oder als Landwirte, Ausbilder oder Pensionsbetreiber. Wann allerdings ein Hobbyzüchter zum Unternehmer wird, ist nach wie vor unklar.

Die Beweislastumkehr.

Nach anfänglichen Unsicherheiten ist nun anerkannt, dass die Regelung des § 476 BGB nun auch beim Tierkauf einschlägig ist. Das Problem ist aber meist, ob die Vermutung wegen der Unvereinbarkeit mit der Art des Mangels oder der Sache angewandt werden kann.

Der Käufer muss nach neuester EuGH- und BGH-Rechtsprechung lediglich nachweisen, dass das Tier vor Ablauf der sechs Monate seit Gefahrübergang eine Beschaffenheit aufweist („zeigt“), die einen Mangel darstellen würde, wenn diese schon bei Gefahrübergang gegeben gewesen sein sollte.

Kann der Käufer so nachweisen, dass das Tier innerhalb der Frist einen Mangel hatte, wird vermutet das dieser Mangel, allerdings kein Folgeschaden hieraus, schon bei Gefahrübergang bestand.

Kann der Käufer beweisen, dass das Tier aktuell irgendwie nicht in Ordnung ist, muss der Verkäufer beweisen, dass dies beim Verkauf noch nicht so war. Dafür muss er – nicht der Käufer – meist beweisen, was eigentlich im Argen liegt.

Unvereinbarkeit mit der Art des Mangels und der Art der Sache.

Die Vermutung, dass ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe auftritt, auch schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag, findet nach der gesetzlichen Regelung des § 476 BGB dann keine Anwendung, wenn diese Vermutung mit der Art der Sache bzw. der Art des Mangels nicht vereinbar ist.

Genannt werden in diesem Zusammenhang vor allem der Verkauf von gebrauchten Sachen (Palandt/Putzo, BGB, § 476 Rdnr. 10) sowie der Verkauf von kranken Tieren (Regierungsentwurf BR-Drucksache 338/01, Seiten 577-578).

Der BGH dagegen hat mittlerweile (Urteil vom 29.03.2006, AZ: VIII ZR 173/05) festgestellt, dass § 476 BGB auch auf Tierkäufe anwendbar ist. Auch bei einer saisonal sichtbaren, aber im Pferd möglicherweise schon früher einmal ausgebrochenen Allergie ist die Beweislastregel anwendbar.

Es bleibt allerdings dabei, dass der Käufer nach Erhalt der Sache die volle Beweislast für den Sachmangel trägt. Ein Mangel der Kaufsache, der auf einem fehlerhaften und gegebenenfalls überproportionalen Gebrauch der Sache beruht ist zwar kein Sachmangel, sondern lediglich ein Scheinmangel, aber da die Rechtsprechung des EuGH sehr käuferfreundlich ist, bleibt dem Verkäufer nur zu wünschen, dass sich ein Gutachter festlegen kann, was dem Tier eigentlich fehlt. Wenn der Käufer einen solchen Nachweis des Ausschlusses aller von einem Gutachter für möglichen erachteten Nebenursachen nicht zu führen vermag – was die Regel sein dürfte – so ist das Gericht gehalten, auf der Grundlage eines umfassenden Sachvortrags des klagenden Käufers sämtliche Beweisergebnisse umfassend zu würdigen und sich mit den für möglich gehaltenen Nebenursachen auseinander zu setzen und den sich dabei stellenden Fragen nachzugehen, ob eine Ursache für den Sachmangel von Hause ausscheidet oder doch zumindest nach erfolgter Beweiswürdigung vom Gericht ausgeschlossen werden kann.

Seit der EuGH-Entscheidung dürfte die bisherige deutsche Rechtsprechung Makulatur sein, so dass man sich auf Entscheidungen, die vor dem EuGH-Urteil vom 04.06.2015, Rs. C-497/13, und dem ihm folgenden, die deutsche Rechtsprechung komplett umwerfenden BGH-Urteil vom 12.10.2016, Az. VIII ZR 103/15 ergangen ist, nicht mehr bauen kann.

Beweisrisiko des Verkäufers.

Die in § 476 BGB enthaltenen – eng auszulegenden – Ausnahmetatbestände der Unvereinbarkeit mit der Art der Sache oder mit der Art des Mangels haben zur Konsequenz, dass der Käufer den Nachweis eines Mangels der Sache gem. § 434 BGB selbst zu führen hat und ihm die Vermutungsregelung nicht hilf, wenn der Verkäufer beweist, dass die Ausnahmetatbestände im vorliegenden Fall greifen. Hat der Käufer einen Mangel nachgewiesen, trifft das volle Beweisrisiko den Verkäufer. Dieser hat dann den uneingeschränkten Nachweis zu führen, dass die Vermutung der Mangelhaftigkeit im Zeitpunkt des Gefahrüberganges widerlegt ist.

Fazit:

Entscheidend in den meisten Fällen wird künftig sein, ob der Verkäufer als Unternehmer und der Käufer als Verbraucher anzusehen sind. Diese Beweise muss der Käufer erbringen um dann leichtes Spiel zu haben.

Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist.

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